Letztes Jahr als der Krieg in der Ukraine begann, hätten wir nicht gedacht, dass wir auch heute noch Angst davor haben. Leider wird noch immer auf dem Schlachtfeld gekämpft und viele Menschen sind in Not, viele haben ihre Wohnungen, Häuser, Arbeitsplätze, ihre Existenz und einige sogar ihr Leben verloren.
Als im letzten Jahr alles begann, dachten viele, dass es notwendig sei zu helfen. Im Pinka-Tal erklärten sich acht Gemeinden (Bucsu [Butsching], Narda [Nahring], Felsőcsatár [Oberschilding], Keresztes [Großdorf], Horvátlövő [Kroatisch Schützen], Pornóapáti [Pernau], Nárai [Nahrein], Balogunyom) bereit, den Ungarn in der Ukraine zu helfen. Sechs Transporter fuhren mit Sachspenden zur Grenze, wo Menschen warteten, die wiederum den Menschen vor Ort die Hilfe brachten. Das Ziel war: die Sachen in konkrete Hände zu legen, dort wo wirklich Hilfe gebraucht wurde. Alles, was gespendet wurde, wurde von einfachen Menschen gespendet, um denjenigen, die es damals schwer hatten, das Leben ein wenig zu erleichtern. Die Aktion war damit noch nicht vorbei. Aus Österreich beteiligte sich der Pfarrer von Bocksdorf und Olbendorf, Zdravko Gašparić, an der Aktion. Er hatte die gleiche Absicht wie die Bürgermeister: gezielt denen zu helfen, die Hilfe brauchen, die alles verloren haben.
Pfarrer Gašparić startete sofort mit seinen Firmlingen die Aktion. Die Kampagne war äußerst erfolgreich. Am Karfreitag war Hilfe unterwegs. Dieser Karfreitag wird unvergessen bleiben. Die Menschen erhielten symbolisch Brot und Fisch als Hilfe neben verschiedenen anderen Sachen, welche die Firmlinge in der Pfarre gesammelt hatten. Diesen jungen Menschen war nicht bewusst, was sie da zustande gebracht hatten.
Die Menschen in der Ukraine weinten vor Freude. Am Karfreitag frisches Brot und Fisch auf den Tisch zu bekommen, war nicht nur ein Geschenk, sondern für uns, die es gebracht hatten, war es ein wahres Ostern. Am Nachmittag erreichten die Sachspenden die Grenze, und am Abend wurden sie an die Menschen verteilt, die weder ein Dach über dem Kopf noch ein Glas Wasser hatten. Noch an diesem Abend trafen Fotos aus der Ukraine ein. Wir alle vergossen Freudentränen.
Am 6. und 7. Oktober 2023 erhielten die Bürgermeister des Onka-Tales und Pfarrer Gašparić eine Einladung aus dem Dorf Welyka Dobron -ungarisch Nagydobrony, zu ihnen in die Ukraine zu kommen. Natürlich ging niemand mit leeren Händen auf diese Reise. Pfarrer Gašparić startete erneut eine Aktion und ein Transporter fuhr nach Osten. Etwas besorgt machten wir uns auf den Weg, von dem wir alle wussten, dass er nicht einfach sein würde, da wir in ein Kriegsgebiet fuhren. An der Grenze verloren wir viel Zeit, aber unser Ziel war klar. Die Menschen in der Ukraine waren sehr aufgeregt und warteten mit offenen Herzen auf uns. Das Grenzgebiet wird von Ungarn bewohnt, die die ungarische Kultur sehr verehren, ihre ungarische Muttersprache wunderbar sprechen und das kulturelle Erbe bewahren. Zu Beginn des Krieges standen die Menschen aufgrund der Flüchtlinge unter großem Druck.
Als wir das erste Mal halfen, haben wir, wie sie sagten, viele Leben gerettet, aber es gab nichts. Natürlich ist die Situation auch heute noch nicht viel besser. Wenn der Alarm ertönt, laufen alle in die Keller, welche mit lebensnotwendigen Dingen ausgestattet sind. Natürlich ist es nicht einfach, so den Alltag in Frieden zu leben. Aber diesen Menschen liegt ihre Heimat, ihr Geburtsort und die ungarische Gemeinschaft am Herzen.
Der Krieg ist weit von ihnen entfernt, aber jeder weiß, dass sich die Situation jederzeit ändern kann. Als Minderheit in einem Land sind die Ungarn auf diesem Boden stärker geworden. Man sieht, wie sie sich aufeinander freuen, wie wichtig und notwendig die Zusammenarbeit ist. Der Teil des Landes, in dem wir waren, ist recht sauber und es leben dort überwiegend Ungarn, die das Ihre bewahren. So gibt es eine Überlebenschance. Wir, die wir in einem Land leben, in dem Frieden herrscht, wissen nicht, wie gut es uns geht, wie glücklich wir sein sollten, dass wir wahrlich alles haben. Doch tatsächlich vermissen wir Dinge, die man nicht kaufen und bezahlen kann, nicht weil sie so teuer sind, sondern weil man sie nicht kaufen kann: Frieden, Lächeln, Dankbarkeit, Liebe und Höflichkeit.
Menschen, die Teil dieser Aktion waren, haben wahrscheinlich diese oben angeführten Werte gespürt. Sie spürten die Kraft der Freundlichkeit, sie sahen, was es bedeutet, dankbar zu sein, das was man hat zu schützen, stolz auf das zu sein, was man hat, anderen etwas von dem Wenigen zu geben, das man noch hat, denn diese Ungarn gaben zu Beginn des Krieges ihr Letztes, um Flüchtlingen ohne Dach über dem Kopf zu helfen. Für diese Menschen ist das Miteinander mittlerweile Priorität geworden. Es ist wahr, dass die Angst immer vorhanden ist, aber als Gemeinschaft sind sie noch stärker geworden.
Uns, die wir dieses Mal dabei waren, wurde klar, wie gut es ist, Gutes zu tun ... und man sagt: Wer früh hilft, das Glück doppelt greift. [Wer früh aufsteht, sammelt doppelt so viel Glück. / Der frühe Vogel fängt den Wurm.] ... Gott sei Dank kam diese Hilfe an der richtigen Stelle und zur richtigen Zeit an. "Danke für eure Hilfe!" - konnten wir auf der Bühne des Kulturzentrums lesen. Wenn sie uns diesen einen Satz gesagt hätten, wären wir schon glücklich gewesen. Aber die Menschen haben uns mit so viel Liebe empfangen, dass man es nicht beschreiben kann. Diese Reise hat uns spirituell bereichert, denn wir durften große Liebe und Dankbarkeit erfahren.
Fotos: Zdravko Gašparić