Die Pfarren Deutsch Tschantschendorf, Güttenbach/Pinkovac, Neuberg/Nova Gora, St. Michael und Tobaj – alle im Bezirk Güssing – bilden seit 15. Oktober einen Seelsorgeraum, der den seliggesprochenen Jugendlichen Carlo Acutis als Schutzpatron hat.
Mit der Errichtung von Seelsorgeräumen will die Diözese Eisenstadt ermöglichen, dass sich die Gemeinden neu auf den Weg machen. Es handelt sich um pastorale Einheiten, die durch den Zusammenschluss von mehreren Pfarren entstehen.
Ressourcen bündeln, fördern und nutzbar machen
Im Seelsorgeraum werden verschiedene pastorale Aufgaben, die eine Pfarre bisher allein gemacht hat, die aber gemeinsam besser erfüllt werden könnten, durch Teams übernommen – z.B. Sakramentenvorbereitung und
-spendung, spirituelle Angebote, Wallfahrten, gemeinsame Fortbildung und Veranstaltungen. Die Pfarrgemeinderäte gewährleisten die verbindliche Kooperation im Seelsorgeraum.
Die Pfarren bleiben dabei in ihrer Eigenständigkeit bzw. Identität erhalten und sollen gestärkt werden. Ein Seelsorgeraum soll demnach die Bündelung von Ressourcen fördern und nutzbar machen, die geistliche Erneuerung der Gemeinden unterstützen, die Öffnung der Pfarren auf die Nachbarpfarren hin gewährleisten und dadurch ein durchlässiges seelsorgliches Netzwerk schaffen. Er soll eine "Gemeinschaft von Gemeinschaften christlichen Lebens" sein.
Die Rolle der ehrenamtlichen Mitverantwortung wird stärker. Sie werden ermutigt, Aufgaben zu übernehmen, dabei die Aufgaben genau abzugrenzen, um keine Überforderung zu erzeugen. In der Diözese stehen zwei Kontaktpersonen in enger Verbindung mit den Seelsorgeräumen; aktuell sind das Mag. Erich Unger und Mario Bachhofer, MEd.
Vernetzt aber doch eigenständig
Die einzelnen Pfarrgemeinderäte und die je eigenständige Verwaltung bleiben bestehen. Im Seelsorgeraum soll jedoch eine Vernetzung dort geschehen, wo es sinnvoll oder geboten scheint. Auch das Finanzwesen bleibt weiterhin in der Verantwortung der einzelnen Pfarren und Filialen. Die Zusammenarbeit soll hingegen eine Chance sein, durch die gemeinsamen Gottesdienstorte auch in anderen Kirchen den Glauben feiern zu dürfen, oder aber gemeinsam Reisen oder Veranstaltungen zu planen.
Den Dienst als Priester in den Pfarren des Seelsorgeraumes verrichten wie bisher Pfarrer Kurt Aufner und Pfarrmoderator David Grandits. "Ziel unseres Seelsorgeraumes ist nicht die Reduzierung von Priestern, sondern die Zusammenarbeit zwischen Priestern, Diakonen und ehrenamtlich Tätigen", betonen sie.
Zsifkovics: Zeichen der Zeit lesen, neue Aufbrüche wagen
Diözesanbischof Ägidius J. Zsifkovics erinnerte bei der Festmesse zur Errichtung des Seelsorgeraumes, dass sich die Verantwortlichen in der Diözese das Ziel setzen, "die Zeichen der Zeit zu lesen und neue Aufbrüche zu wagen". Angelpunkt des Pastoralen Weges der Diözese sei die Vergewisserung auf die Taufberufung – "vor allen strukturellen Voraussetzungen". Alle Getauften tragen die Seelsorge und sind Verkünder des Evangeliums, die Priester sollen die vorhandenen Fähigkeiten der Gläubigen suchen, fördern und bündeln.
Der Name des Seelsorgeraumes soll nach den Worten des Bischofs Programm sein: "Der selige Carlo Acutis, der auch als 'Seliger des Internets' bezeichnet wird, erteilt zugleich den Auftrag, die Kinder und die Jugendlichen mit auf den Weg zu nehmen. Ich wünsche dabei viel Mut, Kraft, Stehvermögen und Geduld."
Ein begnadeter Schülermissionar
Der Patron des neuen Seelsorgeraumes, Carlo Acutis (1991-2006), war ein begnadeter Schülermissionar aus Italien, der sich auch karitativ für Obdachlose engagierte. Er war ein begeisterter Computerfreak und stellte eine Online-Ausstellung zu den eucharistischen Wundern zusammen. Im Teenageralter erkrankte er an Leukämie. Carlo Acutis starb erst 15-jährig am 12. Oktober 2006. Zu seinem Begräbnis kamen Hunderte. Carlo Acutis wurde vor drei Jahren in Assisi seliggesprochen; sein Fest (12. Oktober) steht in zeitlicher Nähe zur Einweihung des Seelsorgeraumes.
Viele Dörfer und Sprengelgemeinden
Der neue Seelsorgeraum besteht aus vielen Dörfern und Sprengelgemeinden. Die Pfarre Deutsch Tschantschendorf ist ein typisches Beispiel. Sie umfasst die Ortsteile Deutsch Tschantschendorf, Kroatisch Tschantschendorf und Tudersdorf.
Die Pfarre Güttenbach/Pinkovac besticht durch die beeindruckende Pfarrkirche, die nach den Plänen von Prof. Karl Holey, Dombaumeister von Wien-St. Stephan, errichtet wurde und durch ihre drei runden Türme auffällt. Im Innenbereich der Kirche finden sich 19 hölzerne Dachbalken mit Zeilen aus dem kroatischen Vaterunser (Oce nas) auf der vorderen und mit dem Gegrüßet seist du Maria (Zdrava Maria) auf der hinteren Seite. Die Zweisprachigkeit des Ortes spiegelt sich auch in Messen und Andachten wider, die Pfarrmoderator David Grandits, Diakon Willi Jandrisits und Team abhalten, wobei hier Kroatisch dominiert.
Die Pfarre Neuberg/Nova Gora kann in ihrem Gotteshaus eine Altarplatte vorweisen, die aus versteinertem Holz besteht, das in Arizona gefunden wurde und 220 Millionen Jahre alt ist. In dieser versteinerten Platte sind Mineralien wie Jaspis, Achat und Chalzedon enthalten. Aber auch der Altar-Unterbau ist einzigartig, handelt es sich doch auch dabei um uralte Baumwurzeln. In der Pfarre wird schon seit 170 Jahren die Zweisprachigkeit gelebt – länger als überall sonst im heutigen Burgenland.
Die Pfarre St. Michael hat eine bemerkenswerte Kirche. Ihr Innenraum wurde von einem Pater des Stiftes Seckau nach Beuroner Manier gestaltet. Die Altäre und die Kirchenstühle stammen aus der Seckauer Kunsttischlerei. An der Kirche befindet sich das Pfarrheim "Josef Wessely Haus", ein beliebter regionaler Veranstaltungsort. Zu sehen gibt es auch die von Amerika-Auswanderern gestiftete Marienstatue. Ein Ortsteil von St. Michael ist Schallendorf.
Die Pfarre Tobaj ist durch den Tobajer Kogel bekannt, auf dem eine Wallfahrtskapelle steht. Ursprünglich war in ihr eine besondere Pieta, die jetzt am Seitenaltar der Pfarrkirche steht. Sie stammt aus dem Jahr 1646 und soll aus einem Stück Lindenholz geschnitzt worden sein. Wichtiger Ortsteil von Tobaj ist Hasendorf.
Lebendiges kirchliches Leben gibt es aber auch in den Filialgemeinden des Seelsorgeraumes. Es sind dies Gamischdorf, Punitz und Rauchwart, wo sich jeweils auch schöne alte Kirchen befinden.
Fotos: Sonja Radakovits-Gruber